Straßennamen

Bona Peiser

 

Bona Peiser (* 26. April 1864 in Berlin, † 17. März 1929 in Berlin), Pionierin des Berliner Volksbibliothekswesens, erste deutsche Bibliothekarin und erste Frau Deutschlands, die hauptberuflich als Bibliothekarin tätig war

Seit 2004 trägt eine Privatstraße zwischen der Ver.di-Bundesverwaltung und einer Brache den Namen Bona-Peiser-Weg. Der Weg liegt zwischen der Köpenicker Straße und der Spree, die bis 1989 als „natürliche Grenze“ Ost- und West-Berlin trennte.

 

Bona wuchs als Tochter des jüdischen Berliner Verlagsbuchhändlers Wolf Peiser in der Spandauer Vorstadt am Rande des Scheunenviertels auf. Seit ihrem 21. Lebensjahr, insgesamt 54 Jahre lang, wohnte sie in der heutigen Lobeckstraße 11, Kreuzberg, damals Luisenstadt. Aufgrund des hohen traditionellen Ansehens von Büchern in jüdischen Familien war Bona Peiser der Umgang mit Büchern früh vertraut.

Wissensdurstig besuchte sie zunächst die Höhere Töchterschule und beschloss dann, sich in England selbst für die bibliothekarische Arbeit auszubilden. Sie betrieb geeignete Fachstudien in Großbritannien und arbeitete an einer der vorbildlichsten öffentlichen Bibliotheken, der Public Library of Manchester, als Volontärin. Zurück in Berlin, engagierte sich Bona im „Verband für weibliche Angestellte“ und für die 1892 gegründete „Deutsche Gesellschaft für Ethische Kultur“ (DGEK), eine der ersten Unterstützerinnen der „Bücherhallenbewegung“.

In der DGEK gründete Peiser gemeinsam mit anderen die Bibliothekskommission. Zeitgleich mit der ersten öffentlichen Lesehalle Berlins öffnete auch die DGEK eine Bibliothek. In beiden Lesehallen, in denen dann exemplarisch auch Bibliothekarinnen ausgebildet wurden, fungierte Peiser als Leiterin. Sie entwickelte einen systematischen Buchkarten-Präsenzkatalog, den beide Bibliotheken bis weit nach Ende des 2. Weltkrieges nutzten.

Öffentliche Bibliotheken gibt es in Berlin seit den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts. Anders jedoch als die Public Libraries in Großbritannien und den Vereinigten Staaten führten die hiesigen Bibliotheken, ehrenamtlich geführt von Lehrern, ein kümmerliches Schattendasein. Ausbildungs- und Anstellungsmöglichkeiten gab es keine. Deshalb suchte die Bücherhallenbewegung, eine gesellschaftliche Strömung, die eine deutschlandweite Reform der Volksbibliotheken zur Förderung der Volksbildung forderte, seit den 1890er Jahren diesen Missstand zu beenden.

Auf Initiative der Bücherhallenbewegung, in der Bona Peiser federführend aktiv war, wurde am 1. Januar 1895 in der Neuen Schönhauser Allee 13 (ab 1902 in der Münzstraße 11, ab 1908 in der Rungestraße 25-27) die „Erste öffentliche Lesehalle zu Berlin“ mit fünf geräumigen Zimmern eröffnet. Bona Peiser und Ernst Jeep, Königlicher Hofbibliothekar, richteten die Lesehalle ein. Peiser leitete sie zeitlebens. Die Bücherhalle war anfangs täglich von 18-22 Uhr und sonntags sogar von 9.30-13 Uhr und 17-22 Uhr geöffnet.

Die Benutzung war selbstverständlich frei. Aufgrund des großen Zuspruchs und öffentlichen Drucks auf den Berliner Magistrat musste dieser Mittel zum Ausbau von Volksbibliotheken und städtischen Lesehallen freigeben. Zwischen 1896 und 1900 entstanden so vier städtische Lesehallen, bis Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 neun weitere. Berlins erste öffentliche Lesehalle wurde in der Weimarer Republik (1927) Zweigstelle der inzwischen kommunal etablierten Stadtbibliothek Mitte.

Bona Peiser, die zuletzt im Vorstand des Reichsverbandes deutscher Bibliotheksbeamter und Angestellter saß und sich neben der Frauenberufsarbeit auch der Kinderbibliotheksarbeit widmete, starb 1929 an Herzschwäche. Sie wurde auf dem jüdischen Friedhof in Weißensee beigesetzt.