Lydia Ehrenfried

 

Lydia (Lily) Ehrenfried (* 20. August 1896 in Wroclaw [Breslau], † 1. Januar 1994 in Paris), Ärztin und Heilgymnastikerin

Die Tochter des Augenarztes Dr. Leo Ehrenfried und seiner Frau Anna besucht zunächst Privatschulen in Berlin und macht anschließend eine Ausbildung als Krankenschwester. Ihr großes Interesse und ihr Wissensdurst treiben sie dazu an, anschließend ein Medizinstudium zu absolvieren. Bereits 1926 beginnt sie als Ärztin auf der Inneren Abteilung des Krankenhauses Moabit in Berlin zu arbeiten. Sie bildet sich ständig weiter in Kinderheilkunde, Krankengymnastik, Orthopädie und Sportmedizin. Nebenbei behandelt sie ab 1926 als orthopädische Turnlehrerin Kinder und Säuglinge mit körperlichen Auffälligkeiten.

1928 lässt sie sich schließlich als praktische Ärztin in der Motzstraße in Berlin-Schöneberg nieder.

Ihr großes Anliegen ist die Geburtenkontrolle in Zeiten der Massenverelendung und Arbeitslosigkeit. Auf ihre Initiative hin wird in Prenzlauer Berg eine „Ehe- und Sexualberatungsstelle“ eröffnet, deren Leitung sie von 1929 bis 1933 übernimmt. In ihrer Sprechstunde informiert sie über Verhütungsmethoden und verteilt kostenlos Verhütungsmittel. In dem seinerzeit verarmten Stadtbezirk wird diese Hilfe gerne und oft angenommen.

Allerdings das rechte Spektrum der Parteien greift Lily dafür an. Ihr wird vorgeworfen, „die Geburt deutscher Soldaten zu verhindern“. Unter diesem Druck beginnt Lily, sich zum ersten mal mit Politik zu beschäftigen.

1932 wird sie als Kandidatin für die Wahlen zum Ausschuß des Groß-Berliner Ärztebundes von den sozialistischen Ärzten aufgestellt.

Die Machtergreifung Hitlers gefährdet schließlich ihr Leben. Dank einer Warnung, in der es heißt, die SA würde ihr vor ihrer Beratungsstelle auflauern, flieht sie kurzentschlossen am Abend des 1. April 1933 mit dem Nachtzug über Basel und Nizza nach Paris.

In Paris holt sie ihre Eltern nach. Sie flieht nach dem Einmarsch der Wehrmacht weiter nach Südfrankreich und wird schließlich am 25. Mai 1940 im Camp de Gurs interniert. Es gelingt ihr jedoch einen Monat später abzutauchen. Sie überlebt den Holocaust mit falschen Namen und falschen Papieren.

Lily Ehrenfried bleibt auch nach dem Krieg in Frankreich. Sie eröffnet eine kleine Praxis und betätigt sich als Heilgymnastikerin. Ihr Spezialgebiet, die Holistische Gymnastik, wird vor allem in Frankreich, aber auch in Griechenland von der Association des Eleves du Docteur Ehrenfried ausgeübt. Nach Deutschland geht sie nicht mehr zurück.

Bis ins hohe Alter arbeitet sie in ihrer Praxis, veröffentlicht noch ein Buch über Heilmethoden und setzt neue Impulse. Lily Ehrenfried stirbt 1994 in Paris.

In Berlin wird 1997 am Krankenhaus Moabit (ihr und anderen zu Ehren) eine Gedenktafel enthüllt, die auch ihren Namen trägt.