Margarete von Etzdorf

 

Margarete (Marga) Wolff gen. von Etzdorf (* 1. August 1907 in Spandau; † 28. Mai 1933 in Mouslimieh bei Aleppo, Syrien) war eine deutsche Fliegerin. Als erste Frau führt sie 1931 einen Alleinflug von Deutschland nach Japan durch.

Sie ist kaum vier Jahre alt, als ihre Eltern in Sizilien bei einem Unfall ums Leben kommen. Daraufhin wachsen Marga und ihre Schwester bei den Großeltern mütterlicherseits auf, deren Gut sich bei Gehren in der Niederlausitz befindet. Ihr Großvater ist der 1910 geadelte königlich-preußischen Infanteriegeneral Ulrich von Etzdorf. Ab 1920 nennen sich die beiden Mädchen deshalb mit Nachnamen „Wolff genannt von Etzdorf“.

Die überaus sportliche Marga von Etzdorf lernt im Alter von 20 Jahren das Fliegen. 1927 absolviert sie nach vier Monaten die Prüfung für den A-Schein in Berlin-Staaken und macht gleich noch den Kunstflugschein. In Berlin ist sie die erste Frau mit einem Pilotenschein. Die Deutsche Lufthansa stellt sie zwar als erste Fliegerin ein, aber nur als „zweite Führerin“ (Kopilotin) einer Junkers F 13. Sie befördert Passagiere auf den Strecken Berlin – Breslau und Berlin – Stuttgart – Basel.

Nach den vertraglich mit der DLH vereinbarten 10.000 Flugkilometern erfliegt sie sich bei der Hamburger Luftverkehrsgesellschaft die für den Erwerb des B2-Scheins nötigen weiteren 5.000 km. Das erforderliche Wissen bringt sie sich autodidaktisch bei, da Frauen an der Deutschen Verkehrsschule nicht zugelassen sind. Nach bestandener Prüfung ergänzt sie 1929 ihre Ausbildung mit dem Segelflug und erwirbt mit einem 90 Minuten langen Flug auf dem Großen Heuberg in der Schwäbischen Alb als eine der ersten Frauen weltweit den Segelflug-C-Schein. Im selben Jahr nimmt sie beim Württembergischen Fliegerverein mit dem Segelflugzeug „Hugo“ am 10. Rhön-Wettbewerb teil. Auf der Ergebnisliste des Preisgerichts ist sie mit einer Prämie von 50 Reichsmark und einer Bonbonniere als Ehrenpreis aufgeführt.

Von ihrem Erbe und mit finanzieller Unterstützung der Großeltern kauft sich 1930 Marga von Etzdorf eine Junkers A 50 „Junior“, die sie knallgelb lackieren läßt und auf den Namen „Kiekindiewelt“ tauft. Damit unternimmt sie gegen Bezahlung Kunst-, Passagier- und Werbeflüge. Bei der ersten deutschen Damen-Kunstflugmeisterschaft im Mai 1930 belegt Marga den 4. Platz. Bald schon fliegt sie abenteuerliche Langstrecken und wird von der Presse als Heldin der Nation gefeiert. Sie fliegt nach Istanbul, muß aber wegen Motorproblemen mehrfach notlanden. Nach einem längeren Aufenthalt in Istanbul kann sie jedoch ohne weitere Probleme nach Deutschland zurück fliegen.

Für ihren nächsten Flug nach Istanbul im gleichen Jahr lässt Marga Zusatztanks für längere Flugstrecken einbauen und startet am 14. November 1930 zu einen Flug von Berlin über Basel, Lyon, Madrid, Rabat auf die Kanarischen Inseln, wo sie am 6. Dezember eintrifft und mit Begeisterung empfangen wird. Beim Rückflug muss sie wegen schlechten Wetters auf Sizilien notlanden. Die Maschine wird dabei beschädigt, und Ersatzteile sind nicht zu beschaffen. Marga muss das Flugzeug mit der Eisenbahn in das Junkers-Werk Dessau zurückbringen lassen. Am 18. August 1931, zweieinhalb Wochen nach ihrem 24. Geburtstag, hebt sie in Berlin zu ihrem ersten spektakulären Interkontinentalflug nach Tokio ab.

Es gilt nicht nur, Überfluggenehmigungen für alle Länder einzuholen, sondern auch die Finanzierung des Unternehmens sicherzustellen. Aber wegen ungünstiger Wetterbedingungen muss sie bereits in Königsberg eine Zwischenlandung einlegen. Schließlich geht es dann weiter über Moskau nach Nischni Nowgorod und entlang der Wolga nach Kasan. Sie überquert den Ural und folgt den Gleisen der Transsibirischen Eisenbahn bis Nowosibirsk. In Hailar erwarten sie Reporter, die sie jedoch mit der britischen Fliegerin Amy Johnson (1903-1941) verwechseln. Diese ist ebenfalls nach Tokio unterwegs. Marga setzt ihren Flug fort nach Mukden und über Korea nach Japan. Nach Zwischenlandungen in Hiroshima und Osaka landet sie schließlich am 29. August nach 11 Flugtagen in Tokio. Mit dem Ereignis ihrer Landung wird der neue Flugplatz Haneda eröffnet. Amy Johnsohn war zwar vor ihr in Japan angekommen, aber in Begleitung eines Mechanikers, daher gilt Marga von Etzdorf als erste Frau, die einen Alleinflug von Europa nach Japan schafft.

Sie wird mit der selten verliehenen Goldenen Verdienstmedaille des Kaiserlich-Japanischen Aero-Clubs ausgezeichnet. Aufgrund einer Generalüberholung ihres Flugzeuges bleibt Marga sechs Wochen in Japan. Dann beginnt sie den Heimflug, kommt jedoch erst einmal nur bis China. Dort hielt man sie monatelang wegen politischer Wirren fest. In Bangkok möchte sie Bekannte besuchen, aber wegen eines Motorschadens stürzt sie nach dem Start aus 80 Meter Höhe ab. Marga muss sich in Bangkok in einem Krankenhaus behandeln lassen. „Kiekindiewelt“ ist jetzt ein Totalschaden, und Marga kann nach ihrer Genesung im Juli 1932 an Bord einer Linienmaschine nach Wien zurückfliegen. Von hier aus kehrt sie als Pilotin einer Privatmaschine nach Berlin zurück. Um ihre leeren Kassen für einen weiteren Langstreckenflug zu füllen, hält sie unermüdlich Vorträge über ihre Erlebnisse.

Das nächste Ziel ist Australien. Mit einer Klemm KL 32, die ihr das Unternehmen Leichtflugzeugbau Klemm in Böblingen zur Verfügung stellt, startet Marga am 27. Mai 1933 in Berlin. Aber bereits am zweiten Flugtag schießt sie in Mouslimieh bei Aleppo mit ihrer Maschine über die Piste hinaus, da sie versehentlich mit dem Wind landet. Dabei wird das Flugzeug beschädigt. Eine Reparatur ist möglich, aber Marga bittet, sich im Flughafengebäude „eine halbe Stunde“ ausruhen zu dürfen. Sobald sie allein ist, erschiesst sie sich mit ihrer Pistole.

Abermals eine Rückkehr ohne Flugzeug hätten ihren Ruf als Fliegerin endgültig zerstört. Kein Hersteller wäre bereit gewesen, ihr eine Maschine anzuvertrauen, kein Sponsor ihre Unternehmungen finanziell zu unterstützen. Für die 25-Jährige wäre eine Fliegerkarriere zu Ende gewesen.

Der Aero-Club von Deutschland verleiht ihr als eine von insgesamt sechs Personen mit der Goldenen Ehrenplakette seine höchste Auszeichnung.

Nach feierlichen Aufbahrungen in Hamburg und der Berliner Invalidenkirche wird sie unter großer Anteilnahme auf dem Berliner Invalidenfriedhof beigesetzt. 1963 zerstört der Bau der Berliner Mauer und der Sperranlagen den Friedhof und das Grab. Nach der deutschen Vereinigung wurde der Grabstein rekonstruiert. Er trägt die von ihr selbst gewählte Aufschrift „Der Flug ist das Leben wert.“