Regina Jonas

 

Regina Jonas (* 3. August 1902 in Berlin, † 12. Dezember 1944 in Auschwitz-Birkenau) war die erste in Deutschland praktizierende Rabbinerin und die erste Frau im Rabbinat weltweit.

Regina Jonas wird 1902 als Tochter des Kaufmanns Wolf Jonas und seiner Frau Sara im zu dieser Zeit stark jüdisch geprägten Berliner Scheunenviertel geboren. Sehr früh erkennt sie ihre Berufung, Rabbinerin zu werden, was ihre überdurchschnittlich guten Noten in den Fächern jüdische Religion und biblische Geschichte unterstreichen. Obwohl sie gemeinsam mit ihrem Bruder Abraham in bescheidenen Verhältnissen aufwächst, absolviert sie 1924 das Oberlyzeum in Berlin-Weißensee und erlangt somit die Befähigung für einen weiteren Bildungsweg sowie die Lehrbefähigung für Lyzeen.

Im Anschluss beginnt sie ein Studium an der liberalen Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in der Artilleriestraße (seit 1951 Tucholskystraße) in Berlin-Mitte, heute Leo-Baeck-Haus und Sitz des Zentralrates der Juden. Ihr Studium kann sie sich durch ihre Tätigkeit als Religionslehrerin an mehreren höheren Mädchenschulen selbst finanzieren. Sie ist nicht die einzige Studentin an der Hochschule, doch ihre Kommilitoninnen wollen ihr Studium als Religionslehrerinnen abschließen. Nur Regina hat das ehrgeizige Ziel, Rabbinerin zu werden und von den Kanzeln deutscher Synagogen zu predigen.

1930 besteht sie ihre mündliche Prüfung u. a. auch bei Dr. Leo Baeck, dem damals führenden rabbinischen Repräsentanten des deutschen Judentums. Ihre umfangreiche schriftliche Arbeit trägt den für diese Zeit durchaus provozierenden Titel „Kann die Frau das rabbinische Amt bekleiden?“. In ihrer Examensarbeit weist Regina Jonas nach, dass die jüdische Religion und die Emanzipation der Frau keine Gegensätze darstellen. Ihre Arbeit wird zwar mit dem Prädikat gut bewertet, doch die Hochschule scheut sich vor einem Skandal und lehnt die Ordination als Rabbinerin ab. Im Jahr 1935 erklärt sich der Offenbacher Rabbiner Dr. Max Dienemann bereit, Regina Jonas im Auftrag des Liberalen Rabbiner-Verbandes mündlich zu prüfen, und sie erhält nach bestandener Prüfung endlich ihre Ordination. Die Jüdische Gemeinde in Berlin beschäftigt sie allerdings auch danach nur als Religionslehrerin, sie darf jedoch zusätzlich die rabbinisch-seelsorgerische Betreuung in jüdischen und städtischen sozialen Einrichtungen übernehmen.

Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten und der zunehmenden Verfolgung der Juden steigt die Zahl der Gemeinden, die durch die Vertreibung und Deportation ihrer Rabbiner ohne Leitung und Betreuung sind. Regina Jonas bereist im Auftrag der Reichsvereinigung der Juden zahlreiche Kleingemeinden im Preußischen Landesverband, um dort Gottesdienste abzuhalten und die Gemeindemitglieder seelsorgerisch zu begleiten. Regina Jonas selbst lehnt eine Auswanderung ab, sie bleibt in Berlin und setzt ihre Arbeit in der Jüdischen Gemeinde fort. Im Februar 1942 wird sie von der Personalverwaltung ihrer Gemeinde zur Übersendung ihrer Zeugnisse der rabbinischen Ausbildung ersucht. Kurz danach wird sie zur Zwangsarbeit in einer Berliner Kartonagenfabrik verpflichtet und schließlich am 6. November 1942 zusammen mit ihrer Mutter nach Theresienstadt deportiert. Auch hier setzt sie ungebrochen ihre Arbeit in Form von Predigten und Vorträgen fort.

Im Oktober 1944 wird Regina Jonas ins Konzentrationslager Auschwitz gebracht und dort am 12. Dezember ermordet.

In den Nachkriegsjahren gerät Jonas völlig in Vergessenheit, selbst in der Jüdischen Gemeinde Berlin findet man keine Erinnerung an sie. Erst Nachforschungen der amerikanischen Wissenschaftlerin Katharina von Kellenbach in Ostberliner Archiven nach dem Mauerfall bringen die Geschichte und die Bedeutung der ersten weiblichen Rabbinerin ins öffentliche Gedächtnis zurück.

Eine ganz besondere Gedenktafel für Regina Jonas findet man in Berlin-Mitte in der Krausnickstraße 6 an einem Neubau aus den 1990er Jahren. Im Vorgängerbau dieses Hauses lebte Regina Jonas mit ihrer Mutter die meiste Zeit ihres Wirkens als Rabbinerin in Berlin. Die Tafel wurde anläßlich der 2. Bet-Debora-Konferenz zu Beginn der Tagung im Juni 2001 von der jüdischen Fraueninitiative Bet Debora e. V. initiiert und enthüllt.