Else Tucholsky

 

Else Tucholsky, geb. Weil (* 19. Juni 1889 in Berlin, † 11. September 1942 im KZ Auschwitz-Birkenau), Ärztin und erste Ehefrau von Kurt Tucholsky

Else wird als ältestes von drei Kindern des jüdischen Kaufmanns Siegmund Weil und der Lehrerin Franziska Weil geboren. Sie besucht die höhere Tochterschule und macht ihr Abitur 1910 als Externe an der Hohenzollernschule in Berlin-Schöneberg. Im selben Jahr immatrikuliert sie sich an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität. Zunächst studiert sie Philosophie, wechselt aber schon bald zur Medizin. Neben ihrem Studium arbeitet sie als Unterarztstellvertreterin in der Psychiatrischen Klinik der Charité.

Im August 1911 verbringt Else Weil in Rheinsberg ein gemeinsames Wochenende mit Kurt Tucholsky. Diese Begegnung wird die Vorlage für Tucholskys Erzählung „Rheinsberg − ein Bilderbuch für Verliebte“ mit den Protagonisten Clair und Wölfchen. Sein Erstlingswerk verhilft Kurt Tucholsky zum Durchbruch in der literarischen Welt. Den Spitznamen Claire behält Else bis an ihr Lebensende, sie stand Patin für die Claire der Erzählung. 1915 wird Kurt zum Kriegsdienst eingezogen, er bleibt aber trotz anderer Beziehungen in Kontakt mit Else. Sie heiraten 9 Jahre nach ihrer Begegnung. Die Ehe hält nicht lange und wird schon nach 4 Jahre geschieden.

Tucholsky verlässt sie recht schmählich und bereut dies später. Er nennt sie „die klügste Frau, die ich kennengelernt habe. Ich war ein bisschen mit ihr verheiratet.“

Else widmet sich in dieser Zeit weiterhin ihrem Medizinstudium.

Sie besteht ihr Physikum 1914, und während des ersten Weltkrieges legt sie 1916 ihr Staatsexamen ab. Im Jahr darauf beginnt ihr praktisches Jahr an der Inneren und Chirurgischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses Charlottenburg-Westend.

Nur 90 Frauen erhalten 1918 die Approbation in Deutschland, Else Weil ist eine davon. Sie bekommt eine Assistentinnenstelle an der Hebammenlehranstalt im Krankenhaus am Urban.

Sie arbeitet als niedergelassene Ärztin und, so geht es aus verschiedenen Empfehlungsschreiben hervor, auch als Privatsekretärin für verschiedene Firmen. Ab 1932 wieder als Ärztin.

Else Weil nimmt 1933 wieder ihren Geburtsnamen an, möglicherweise um sich nicht mit dem Namen Tucholsky in Gefahr zu bringen. In der Tat werden die Bücher Tucholskys bei der Bücherverbrennung „den Flammen übergeben“.

Die Nationalsozialisten entziehen ihr 1933 die ärztliche Approbation, aber nicht wegen ihrer jüdischen Herkunft, sondern weil sie „keinerlei Front- oder Kriegsdiensttätigkeit während des Weltkrieges“ vorweisen kann. Nun muss sie sich bemühen, eine andere Arbeit zu finden.

In einer Nachlassverwaltung bekommt sie eine Anstellung. Ihre finanzielle Lage zwingt sie, zur Familie ihrer Großcousine Hilde Hoffnung zu ziehen. Else hilft dort als Kindermädchen und Stenotypistin aus.

Schließlich entscheidet sich Else Weil zur Emigration. Über Holland gelangt sie nach Frankreich, wo sie die Kinder der befreundeten Familie Oppenheimer betreut.

Sie trifft ihren alten Freund Friedrich Ebstein aus Berliner Zeiten wieder und verbringt einen Teil ihrer Exilzeit mit ihm. Beide werden von der französischen Regierung als Staatenlose interniert, aber bald darauf wieder frei gelassen. 1940 fliehen sie in die unbesetzte Zone und werden mehrmals kurzzeitig im Lager Gurs interniert.

1942 wird Else Weil bei einer Razzia in Marseille als Staatenlose ergriffen und ausgeliefert. Das letzte Dokument ihres Lebens ist eine Transportliste in das Vernichtungslager Auschwitz vom September 1942, auf der sie als Nr. 49 verzeichnet ist.