Straßennamen

Alice Berend

 

Alice Berend (* 30. Juni 1875 in Berlin, † 2. April 1938 in Florenz), Schriftstellerin

Die Benennung der Alice-Berend-Straße fand 1999 statt. Die Straße befindet sich auf dem so genannten Moabiter Werder, der im Norden von der Alice-Berend-Straße und im Süden von der Spree begrenzt wird.

 

Alice Berend kommt als Tochter eines jüdischen Fabrikanten und einer Bankierstochter 1875 in Berlin zur Welt. Alice wächst in der Kochstraße auf, nach mehreren Umzügen wohnt die Familie zuletzt in der Kantstraße. Zu ihrer jüngeren Schwester Charlotte hat sie ein problematisches Verhältnis. Letztere heiratet den auch von Alice als Ehemann favorisierten Maler Lovis Corinth. Beide Schwestern sind künstlerisch ambitioniert. Charlotte studiert Malerei, und Alice beginnt nach dem Besuch des Lyzeums ab 1898 Beiträge für Zeitungen zu schreiben.

Um die Jahrhundertwende wählt der Vater den Freitod. Er hat durch Fehlspekulationen sein ganzes Geld verloren. Alice heiratet 1904, im selben Jahr wie ihre Schwester, den wenig erfolgreichen schwedischen Schriftsteller John Jönsson in London.

Mit ihrem Mann lebt Alice zunächst in Berlin-Tiergarten, in den Jahren vor dem 1. Weltkrieg in Florenz und danach in Berlin-Zehlendorf, München und Oberstdorf. Zwischen 1921 und 1924 hat sie ihren Wohnsitz in Konstanz.

Außerdem bereist Alice mit ihrem Mann Skandinavien. Die Ehe wird 1924 geschieden. Zwei Jahre später heiratet sie den Kunstmaler Hans Breinlinger, mit dem sie wieder nach Berlin zieht. Ihre Artikel im „Berliner Tageblatt“ bringen sie in die Theaterszene und in die gerade entstehende Kabarettszene.

Sie steuert Texte zu Programmen bei und tritt auch selbst auf. Einige Künstler kennt sie persönlich. Ihren Durchbruch schafft sie mit dem 1911 herausgekommenen Roman „Die Reise des Herrn Sebastian Wenzel“.

Das Buch, dem schon einige vorausgegangen sind, erreicht für damalige Verhältnisse die enorme Auflage von 200.000 Exemplaren. Es folgten „Frau Hempels Tochter“ (1912), „Die Bräutigame der Babette Bomberling“ (1915) und „Spreemann [&] Co.“ (1916).

In dem rasanten Roman „Der Herr Direktor“ von 1928 wird das Großstadtgefühl Berlins der 20-er Jahre beispielsweise mit einem Treffen beim Sechstagerennen festgehalten. Berends Romane sind meist im kleinbürgerlichen Milieu Berlins angesiedelt.

Kritiker heben ihre detailgetreue, realistische Schilderung der kleinen Leute, wie Dienstmädchen, Krämer, Schuster, Portiersfrauen, hervor.

Einig sind sie sich darüber, dass Alice Berend als Humoristin eine Sonderstellung einnimmt. In einer Rezension über „Der Glückspilz“ von 1919 hieß es: „Soweit das Auge reicht, die einzige Frau mit Humor.“ Darüber hinaus waren Berends pointenreiche, ironische Romane auch Publikumserfolge.

Alice Berend schreibt ungefähr 25 Romane. Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 endet die Schriftstellerkarriere der Jüdin Berend abrupt. Ihre Bücher werden sofort auf die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ gesetzt.

Dabei ist Alice Berend keine praktizierende Jüdin: beide Ehemänner sind Christen, und sie lässt ihre Kinder Nils-Peter und Carlotta christlich taufen. 1935 emigriert Berend mit ihrer Tochter Carlotta über die Schweiz nach Florenz.

Um weiter als Künstler in Deutschland tätig sein zu können, sagt ihr zweiter Mann, der Maler Hans Breinlinger, sich von ihr los und bekommt vom Gericht Alice Berends gesamtes Vermögen, samt Villa in Zehlendorf, zugesprochen. Von ihren Einkünften abgeschnitten, stirbt Alice Berend 1938 nach schwerer Krankheit mittellos und vergessen im italienischen Exil. Nur ihre Tochter und der Pfarrer sind bei ihrer Beerdigung anwesend.