Laura Turnau

 

Laura Turnau (* 23. September 1882 in Wien, † 12. Oktober 1978 in Mattwil [Schweiz]), Kinderärztin

Die Juristentochter Laura wächst in Wien mit drei Geschwistern auf. Als Laura 12 Jahre alt ist, siedelt die Familie nach Zürich über. Hier legt sie 1901 ihre eidgenössische Maturitätsprüfung ab und beginnt danach ein Studium der Medizin in Genf und Zürich. 1907 legt sie hier ihr Schweizer Staatsexamen ab.

Sie lässt sich in Berlin als Kinderärztin nieder mit dem Zusatz „approbiert in der Schweiz“. Die Kassenpraxis ist ihr aufgrund ihrer ausländischen Approbation versperrt.

In der Poliklinik für Frauen in der Kaiserstraße (heute Alexanderstrasse in Mitte) hält sie zumindest 1915 die neu eingerichtete regelmäßige Sprechstunde für Kinder- und Säuglingskrankheiten ab. Sie ist außerdem als Ärztin tätig für zwei Kinderheime der Heilsarmee in Berlin.

1924 ist sie neben Hermine Heusler-Edenhuizen Ansprechpartnerin für Dr. Esther Clayson Pohl Lovejoy (Präsidentin der American Medical Women Association), die beide besucht, um nationale Gruppen für eine internationale Ärztinnen-Organisation zusammenzubringen. Laura Turnau ist eines der führenden Mitglieder im Bund Deutscher Ärztinnen.

1930 wird sie Präsidentin der internationalen Kommission für Volksgesundheit.

1931 macht sie ihr Staatsexamen und erhält die deutsche Approbation. Im selben Jahr tritt sie von ihrer Funktion als Vorstandsmitglied von mehreren Vereinen zurück.

Trotz ihrer umfangreichen beruflichen Tätigkeiten nimmt sie privat Pflegekinder auf.

1933 gibt sie einen Kurs über Volkshygiene in einem Volkshochschulheim in den Graubündner Bergen. Danach kehrt sie nicht mehr nach Deutschland zurück. Aufgrund ihrer jüdischen Vorfahren sieht sie sich dort gefährdet.

In Trogen im Appenzellerland erwirb sie ein ehemaliges Stickerhaus und gründet 1933 das Kinderheim „Morgenlicht“ mit 8 ihrer aus Deutschland mitgebrachten Pflegekinder und der Krankenschwester Hanna Kawerau. Eine ehemalige Schulkameradin überlässt ihr das Haus zu einem geringen Mietpreis. In den ersten Jahren nimmt sie vor allem Kinder auf, deren Familien in Deutschland verfolgt werden. Im Jahre 1941 werden im Heim 77 Kinder verpflegt, davon 66 Schweizer, 4 Auslandschweizer, 3 Deutsche und 4 Emigrantenkinder. Als das Haus von einem Verein übernommen wird, bekommen sie und Schwester Hanna gratis Unterkunft und Verpflegung, allerdings kein Gehalt.

Das Kinderheim, mit dem sie bis 1945 versucht, jüdische und politisch verfolgte Kinder zu retten, führt sie auch nach Kriegsende fort. Nebenher verdient sie sich den Lebensunterhalt durch Unterricht und Vorträge an Mädchenschulen. Sie setzt sich ein für soziale und frauenpolitische Fragen. Sie ist Mitglied des Internationalen Frauenbundes, Präsidentin der Kommission für Volksgesundheit und Mitglied der Frauenzentrale Appenzell Ausserrhoden, engagiert sich für Sport, Hygiene und Aufklärung, bekämpft Alkohol, sexuelle Ausbeutung, Abtreibungen und die Sterilisierung von geistig behinderten Mädchen.

1956 stirbt Schwester Hanna, und Laura Turnau übergibt das Heim einem ihrer Berliner Heimkinder, der Kinderkrankenschwester Doris Steiner-Sagner.

1967 zieht sie sich in ein Altersheim im Kanton Thurgau zurück und verfasst im Alter von 88 Jahren 1971 ihre Autobiographie. 1978 stirbt Laura Turnau.