Straßennamen

Ellen Epstein

 

Ellen Epstein (* 28. September 1898 in Breslau [Wrocław], † Oktober 1942 in Riga), Pianistin und bildende Künstlerin

Die 2009 fertig gestellte Straße am nördlichen Rande Moabits soll die geplanten Gewerbegebiete zwischen der Quitzowstraße und der Bahntrasse erschließen. Außerdem dient sie der Entlastung der stark befahrenen Quitzowstraße. Die Namensgebung der Straße erfolgte wohl auch durch die Nähe zum ehemaligen Güterbahnhof Putlitzstraße (heute S-Bahnhof Westhafen), von dem die größte Anzahl (geschätzt werden 30.000) der Berliner Juden deportiert wurde, unter anderem auch Ellen Epstein.

 

Ellen wächst im schlesischen Kattowitz (Katowice) auf und lebt zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Schwester Margot 25 Jahre lang in Berlin-Schöneberg, in der Innsbrucker Straße 5. Ein erster Eintrag im jährlich erscheinenden Berliner Adressbuch über die Mutter stammt von 1915. Der Vater stirbt, als Ellen 11 Jahre alt ist.

Ellen will Innenarchitektin werden und nimmt aus diesem Grunde Malunterricht bei Eugen Spiro. Nach einem Vorspiel am Klavier wird sie jedoch in die Klavierklasse von Artur Schnabel aufgenommen. Später nimmt sie Unterricht bei weiteren Pianisten.

Ihre Begeisterung für zeitgenössische Komponisten veranlasst sie, deren Stücke zu spielen oder auch uraufzuführen. Einige junge Komponisten kennt sie persönlich. Ellen Epstein ist über die Grenzen Berlins hinaus bekannt und unternimmt viele Konzertreisen innerhalb Deutschlands. 1933 unternimmt sie eine Tournee durch England und gibt später ein weiteres Konzert auf der britischen Insel. Epstein ist auch Meisterin im Fertigen von Scherenschnitten. Sie porträtiert zeitgenössische berühmte Komponisten, Musiker und Literaten, denen sie zuvor nicht selten persönlich begegnet ist.

Einige dieser „Musikerköpfe“, wie sie sich ausdrückt, werden ausgestellt und in der Zeitung abgedruckt. Die meisten von ihnen entstehen Ende der 20er Jahre. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten hat Ellen Epstein zunächst keine Möglichkeit mehr, ihre Portraits zu veröffentlichen. Nach einer langen Schaffenspause sind nur noch Scherenschnitte von Mitarbeitern des Jüdischen Kulturbundes aus den Jahren 1938/39 bekannt. Im August 1935 wird die Pianistin aus der Reichsmusikkammer ausgeschlossen, was faktisch einem Berufsverbot gleichkommt. Ein Jahr später wird ihr auch noch der Unterricht für „arische Jugendliche“ verboten.

Ellen Epstein bleibt wie ihre acht Jahre ältere Schwester Margot unverheiratet. Eine tiefe Freundschaft verbindet sie mit Felix Abraham, einem engen Mitarbeiter am Institut für Sexualwissenschaft von Magnus Hirschfeld. Dieser nimmt sich Ende 1937 oder Anfang 1938 in Florenz das Leben.

So wie Ellen Epstein sich für zeitgenössische Komponisten begeistert, verfolgt sie auch die Entwicklung neuer elektronischer Instrumente: Im August 1932 studiert sie ein Programm für die Vorstellung des Elektrochords von Oskar Vierling für die 9. Große Deutsche Funkausstellung ein. Epstein setzt ihre Faszination für die neue Musik auch in Scherenschnitte um und fertigt ein Porträt von Arseni Avraamov, der eine Sinfonie für Fabriksirenen geschrieben hatte.

Gleich Tausenden anderer Juden wird Ellen Epstein Anfang der 40er Jahre zur Zwangsarbeit verpflichtet. Sie arbeitet in einer Firma für elektrotechnische Produkte.

Im Mai 1942 stirbt die Mutter. Am 19. Oktober des selben Jahres werden Ellen und ihre Schwester Margot vom Güterbahnhof Putlitzstraße deportiert.

Auf dem Transport befinden sich insgesamt 959 Menschen, die vermutlich fast alle am Tage des Eintreffens in Riga, am 22. Oktober 1942, erschossen wurden.

Ein Cousin der Epstein-Schwestern, Hans Hirschel, überlebt den Holocaust dank Maria Gräfin von Maltzan in einer von ihr präparierten Bettcouch.