Ottilie Baader

Ottilie Baader, gemeinfrei (GFDL)
(geb. am 30.05.1847 in unbekannt, gest. am 24.07.1925 in Berlin), Sozialdemokratinnen

Arbeiterin/Schwendy & Co/Gitschiner Straße &1900 zur »zentralen Vertrauensperson der Genossinnen Deutschalands« gewählt

EIN STEINIGER WEG – LEBENSERINNERUNGEN EINER SOZIALISTIN
Ottilie Baader (1847-1925), eine der führenden Frauen der Arbeiterinnenbewegung und der Sozialdemokratie des Kaiserreichs, war als 13-jähriges Mädchen mit dem verwitweten Vater nach Berlin gekommen. Viele Jahre arbeitete sie als Näherin und Heimarbeiterin und sorgte außerdem für ihren Vater.
Vater und Tochter lasen gemeinsam die sozialistischen Klassiker.
Durch ihr Engagement für die Näherinnen kam Ottilie Baader zur SPD.
1899 wurde sie zur Vertrauensperson der Berliner Sozialdemokratinnen und 1900 zur »zentralen Vertrauensperson der Genossinnen Deutschalands« gewählt; 1904 wurde sie zur besoldeten »Parteifrau«.
Im Berliner Adressbuch ist Ottilie Baader nun nicht mehr als »Näherin«, sondern als »Sekr.« mit Wohnung in der Blücherstraße 49 verzeichnet.
Ottilie Baader lebte bis 1925.

Weitere Fakten aus den persönlich geschilderten Lebenserinnerungen
Ottilie Baader: »„Ein steiniger Weg/ Lebenserinnerungen einer Sozialistin«

…Etwas mehr verdienten wir wohl hier, zwei Taler in der Woche, dafür aber waren die Zustände in der Fabrik ganz furchtbar, und es hieß, wer ein paar Jahre dort arbeitet, hat die Schwindsucht…
Organisationen, die unser Interesse wahrnahmen, gab es nicht, ebenso wenig gab es eine Gewerbeaufsicht. So mussten wir diese Zustände eben hinnehmen…wir mussten in das laufende Getriebe (der Maschinen) hineinfassen (wenn etwas in Ordnung gebracht werden musste)…die Aborte lagen neben dem Arbeitssaal.
Da noch alle Kanalisation fehlte, kam es nicht eben selten vor, dass sie überliefen und im Arbeitssaal eine kaum zu ertragende Luft verbreiteten. In dieser Luft mussten junge Menschen Tag für Tag arbeiten. Dann musste sehr oft nachts gearbeitet werden. Das geschah in der Weise, dass gewöhnlich die Nacht vom Freitag auf den Sonnabend eingelegt wurde. Der Sonnabend war dann aber nicht etwa frei, sondern musste ebenso durchgearbeitet werden wie alle anderen Tage. Das heißt also, es waren drei Tagesschichten hintereinander, ohne nennenswerte Pausen dazwischen. In der Nacht gab es eine Tasse Kaffee, d.h. dicke Zichorienbrühe, die ich nicht herunterbringen konnte…Es ist später hier nicht mehr nachts gearbeitet worden.
Der Chef führte dann auch eine neue Lohnmethode ein,…was wir mehr als ein bestimmtes Quantum hatten, sollte uns extra bezahlt werden…Da hatte eine der Arbeiterinnen ein für die damalige Zeit merkwürdig richtiges Einsehen…»Kinder, seid doch nicht dumm! Der will doch bloß sehen, wie viel wir arbeiten können…das ziehen sie uns doch nachher wieder ab…«

Gekürzte Fassung aus: Dietlinde Peters, »…und keiner kriegt mich einfach krumm gebogen…«, herausgegeben vom Friedrichshain-Kreuzberg Museum, BERLIN STORY VERLAG 2014


Quellen
Dietlinde Peters, »…und keiner kriegt mich einfach krumm gebogen…«,