Agnes Wabnitz

Agnes Wabnitz, Foto: A.Levin
(geb. 1841 in Gleiwitz/Schlesien, gest. am 28.10.1894 in Berlin-Friedrichshain), Erzieherin/Frauenrechtlerin

AUF DEM FRIEDHOF DER MÄRZGEFALLENEN

Fast ein halbes Jahrhundert später - nach der Revolution 1848 - nahm sich eine Frau, deren Vater 1848 in Breslau auf den Barrikaden gekämpft hatte, auf dem Friedhof der Märzgefallenen das Leben:

Agnes Wabnitz, 1841 in Gleiwitz/Schlesien geboren.
»Ich ruhe im Friedrichshain nahe dem Krankenhaus auf unserem Freiheitsacker«
(So schrieb sie an eine Bekannte unmittelbar vor ihrem Tod).

Agnes Wabnitz hatte eine gute Schulbildung genossen und war Erzieherin gewesen, bevor sie mit ihrer Mutter nach dem Tod des Vaters nach Berlin gekommen war. Hier arbeitete sie als Schneiderin und sorgte nicht nur für die kranke Mutter, sondern erzog auch die beiden Töchter des alkoholkranken Bruders. Als der zweite Bruder während der Zeit des Sozialistengesetzes als Sozialdemokrat aus Berlin ausgewiesen wurde, übernahm Agnes Wabnitz seine Parteifunktion in der SPD. Neben der Erwerbstätigkeit und Familienarbeit engagierte sich Agnes Wabnitz in der Arbeiterbewegung: Sie war Mitbegründerin des Vereins zur Vertretung der Interessen der Arbeiterinnen und des Vereins der Mantelnäherinnen. Zur Zeit des Sozialistengesetzes wurde sie inhaftiert. Nach einem Hungerstreik und der Einweisung in eine Psychiatrie versuchte sie, sich das Leben zu nehmen. Dieser erste Versuch misslang. Als sie dann erneut zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt wurde, vergiftete sich Agnes Wabnitz am 28. August 1894 auf dem Friedhof der Märzgefallenen.

Begraben wurde sie auf dem Friedhof der Freireligiösen Gemeinde an der Pappelallee: Unter Geheimhaltung des Termins sollte Agnes Wabnitz, nachdem die Behörde ihre Leiche freigegeben hatte, begraben werden. Jedoch der Friedhof der Freireligiösen Gemeinde war von Tausenden von Arbeiterinnen und Frauen gefüllt. Mehr als tausend Blumenspenden – vom kostbarsten Kranz bis zum bescheidenen Strauß – bildeten einen hohen Hügel auf dem Grab der tapferen, selbstlosen Kämpferin. Im Oktober des Jahres 2000 ist im Prenzlauer Berg eine Straße nach Agnes Wabnitz benannt worden.


Quellen
Gekürzte Fassung aus: Dietlinde Peters, »…und keiner kriegt mich einfach krumm gebogen…«, herausgegeben vom Friedrichshain-Kreuzberg Museum, BERLIN STORY VERLAG 2014