Erna Segal

Erna Segal, gemeinfrei (GFDL)
(geb. 1899 in Wien, gest. am 15.08.1989 in Denver, Colorado, USA), Widerstandskämpferin

Im März 1927 siedelte die 28-jährige Erna Segal mit ihrem Mann Aron und den drei kleinen Kindern Hugo, Gerda und Manfred, von Wien nach Berlin über. Die Familie wohnte in einer 5-Zimmer-Wohnung, Am Stadtpark 12 in Berlin-Lichtenberg, und führte ein gutbürgerliches Leben. In einer ihrer drei Mietshäuser, in der Revaler Straße 4 in Friedrichshain, eröffneten die Segals ein Pelzwarengeschäft. Die Mieteinnahmen erhöhten das Familieneinkommen.

Ihr gutes Leben endete schlagartig mit der Machterlangung der Nationalsozialisten 1933. Die Segals gaben noch vor 1935 das Geschäft auf, hatten aber weiterhin die Mieteinnahmen ihrer Häuser, eins in der Neuköllner Weserstraße und eins in der Lichtenberger Rupprechtstraße. Die Familie musste immer öfter umziehen und schmiedete erst 1938 Auswanderungspläne. 1939 wurde ihnen die Überfahrt mit dem Schiff nach Chile verboten. Ihr 18-jähriger Sohn Hugo ging nach Belgien, um von dort die Auswanderung nach Amerika voranzutreiben.

Am 23. Oktober 1941 wurde den Juden dann die Auswanderung per Gesetz verboten. Der Sohn Hugo war zu dieser Zeit im Internierungslager in Frankreich gelandet. Erna Segal beschloss, einem Deportationsbefehl nicht zu folgen und lieber in den Untergrund zu gehen. Die Polin Wanda Feuerherm war die erste Person, die ihnen ihre Hilfe zusicherte. Sie lebte mit ihrem Mann und zwei Kindern in einer Laube in der Kolonie „Dreieinigkeit“ in Lichtenberg. Für Segals war sie eine wichtige Anlaufstelle und von zentraler Bedeutung im Kampf ums Überleben. Die 18-jährige Gerda kam bei den Feuerherms in der Laubenkolonie unter, Erna und Manfred Segal bei einem Schneiderehepaar in Mitte. Aron Segal blieb in der Wohnung. Sie trugen nicht mehr den Judenstern.

Im Juni 1943 lernte Erna Segal den Arzt Fritz Aub kennen. Er vermittelte sie an einen Ordensbruder aus dem Christkönigshaus. Der Ordensbruder vermittelte Erna Segal und den 16-jährigen Manfred nach Strausberg in das Immaculatahaus. Mutter und Sohn verbrachten dort zwei Monate, arbeiteten im Garten und halfen in der Küche. In dieser Zeit fühlten sie sich verhältnismäßig sicher und geborgen. Das Ende dieser Ruhephase, in der etwas Normalität in ihr Leben kam, war im September 1943, da die Behörde eine Auflistung der Bewohner verlangte. Erna Segal und ihr Sohn Manfred kehrten nach Berlin zurück.

Am Comeniusplatz 5 in Friedrichshain wohnten die alleinstehenden Frauen Hedwig Kähler und Martel Köpke. Sie nahmen Erna Segal samt Kindern auf. Am 20. Juli 1944 suchte die Gestapo bei Wanda Feuerherm nach Gerda. Später stellte sich heraus, dass Wandas Mann Willi sie an die Gestapo verraten hatte. Nach Kriegsende sagten sich Wanda und ihre Tochter Vera von ihm los. Das Frühjahr 1945 erlebten Erna, Gerda und Manfred Segal im Unterschlupf am Comeniusplatz. In Schöneiche verbarg sich Sohn Aron. Von Hugo gab es kein Lebenszeichen.

Im August 1949 konnten die Segals in die USA einreisen. Denver, Colorado wurde ihr neues Zuhause. Aron Segal starb am 22. November 1954. Der Sohn Hugo kam am 19. August 1942 nach Auschwitz, wo er am 28. Oktober 1942 starb. Er wurde nur 21 Jahre alt.

Erna Segal unterhielt weiterhin Kontakt zu Wanda Feuerharm und ihrer Tochter Vera sowie zu dem Arzt Fritz Aub und seiner Frau Hedwig. Alle vier wurden von der jüdischen Gedenkstätte „Yad Vashem“ in Jerusalem als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt.

Die Segals gehörten zu den 1800 von über 5000 in Berlin versteckten Juden, die überlebten.