Hildegard Landecker, geb. Casper

Warschauerstr 1 ecke Frankfurterallee, Foto: I.Mason
(geb. am 25.03.1898 in Berlin, gest. 1981 in Carbondale/Illinois), Promovierte Kinderärztin aus Berlin-Friedrichshain

EIN PREIS IN DEN USA: DER HILDEGARD C. LANDECKER MEMORIAL AWARD

Im Jahre 1982 stiftete Manfred Landecker, Professor der Politikwissenschaften an der Southern Illinois University im Bundesstaat Illionis der USA, eine »Geldprämie« für Medizinstudentinnen im ersten Studienjahr, den »Hildegard C. Landecker Memorial Award«. Die Auszeichnung aus dem »Dr. Hildegard C. Landecker Memorial Endowment Fund« wird seitdem jährlich an der Southern Illinois University School of Medicine in Carbondale verliehen.

Erinnert wird mit dieser Auszeichnung an eine Ärztin aus Friedrichshain: die Kinderärztin Dr. med. Hildegard Landecker, geborene Casper. Sie war die Mutter von Manfred Landecker.
Geboren am 25. März 1898 in Berlin als Tochter des Arztes und Sanitätsrates Bruno Casper, wuchs Hildegard Casper in der Neuen Schönhauser Straße 10, Ecke Rosenthaler Straße, auf. Die Praxis des Vaters befand sich in der (nicht mehr existierenden) Landsberger Straße 64. Wenige Jahre nach der Geburt der Tochter gab die Familie die Wohnung in der Nähe des Hackeschen Marktes auf. Sie scheint in die Landsberger Straße gezogen zu sein. Die Tochter Hildegard studierte Medizin, promovierte 1925 in Berlin über die »Veränderungen des weißen Blutbildes nach dem 100-Meterlauf bei Frauen« und erhielt in demselben Jahr ihre Approbation. 1926 ließ sie sich als Kinderärztin nieder.

Im Jahre 1928 notiert das Berliner Adressbuch Dr. Hildegard Casper als Ärztin in der Landsberger Straße 64, das heißt, dass sie dort bereits 1927 ihre Praxis besaß. Im Jahre 1928 heiratete sie den 1898 geborenen Arzt Dr. Norbert Landecker. Am 19. September 1929 wurde ihr einziges Kind, der Sohn Manfred, geboren. Norbert Landecker ließ sich 1929 als praktischer Arzt in der Warschauer Straße 1, Ecke Frankfurter Allee, nieder. Ein Jahr später war auch Hildegard Landecker wieder als Kinderärztin tätig. Gemeinsam praktizierte und lebte das Ehepaar im Haus Warschauer Straße 1 bis 1937/38.

Ein letztes »Dokument« aus Berlin fand sich zum Jahrestag der Reichspogromnacht im Herbst 2008 im Internet: ein »Bescheid über die Judenvermögensabgabe« vom Dezember 1938. Das Finanzamt Friedrichshain forderte von Hildegard Landecker 1200 Reichsmark als »Sühneleistung«: Dies war ihr Anteil an der Summe, die die jüdische Bevölkerung für den Schaden, den man ihr während der Pogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 zugefügt hatte, selber bezahlen musste. Das Ehepaar Landecker emigrierte kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges mit dem Sohn Manfred in die USA und lebte dort in Bridgeport, Connecticut. Norbert Landecker, der wieder als Arzt arbeitete, starb dort 1972. Hildegard Landecker starb im April 1981 in Carbondale, Illinois. Sie scheint bei oder in der Nähe ihres Sohnes Manfred Landecker gewohnt zu haben. Der Sohn, emeritiert seit 1997, ist im Jahr 2005 gestorben.


Quellen
ekürzte Fassung aus: Dietlinde Peters, »…und keiner kriegt mich einfach krumm gebogen…«, herausgegeben vom Friedrichshain-Kreuzberg Museum, BERLIN STORY VERLAG 2014