Marianne Adelaide Hedwig Dohm, geb. Schlesinger

Hedwig Dohm, gemeinfrei (GFDL)
(geb. am 20.09.1831 in Berlin, gest. am 04.06.1919), Schriftstellerin

SCHRIFTSTELLERIN UND FEMINISTIN

Die bekannte Feministin und Schriftstellerin Hedwig Dohm, eine der ältesten Theoretikerinnen der deutschen Frauenbewegung, lebte als Halbwüchsige in der Nähe des Halleschen Tores, in der Friedrichstraße 255. Dies war das Haus, in dem von 1822 bis 1838 Adelbert von Chamisso gewohnt hatte…

Hedwig Dohm wurde am 20. September 1831 als Marianne Adelaide Hedwig Schlesinger in Berlin geboren. Sie war eins von insgesamt achtzehn Kindern des aus einer jüdischen Familie stammenden Tabakwarenfabrkanten Gustav Schlesinger, der 1817 zum Protestantismus konvertiert war und sich seit 1851 „Schleh“ nannte, und seiner Ehefrau Wilhelmine, geborene Jülich. Die Familie zog Mitte der 1840er Jahre in die Friedrichstraße. Ohne besonders wohlhabend zu sein, beschäftigte man eine Amme und mehrere Kindermädchen und besaß zeitweilig eine Sommerwohnung im Tiergarten.
Hedwig Schlesinger war »ein leidenschaftlich unglückliches Kind« … und eine gelangweilte Halbwüchsige. Mit 15 Jahren hatte sie die Schule in der Kochstraße beendet, las heimlich und fragte sich, warum sie nichts lernen durfte.

Während der Revolutionskämpfe im März 1848 lief die 16-Jährige zum Gendarmenmarkt und erlebte dort den Tod eines demokratischen Studenten – dies machte sie zur »blutroten Revolutionärin«. Mit 18 Jahren begann sie eine Ausbildung zur Lehrerin, heiratete aber vor Abschluss dieser Ausbildung 1855 Ernst Dohm, Chefredakteur des »Kladderadatsch«.
Hedwig Dohm verließ die Friedrichstraße und damit das ungeliebte Milieu der Jugend.
Im weltoffenen »Dohmschen Haus« verkehrten Künstler und Intellektuelle, darunter Theodor Fontane, Franz Liszt, Alice Salomon und Lily Braun.

Hedwig Dohm bekam in kurzen Abständen fünf Kinder und begann zu schreiben. Seit 1872 veröffentlichte sie ihre Schriften zur Frauenfrage, ein Jahr später forderte sie bereits öffentlich das Frauenstimmrecht. Dass es für die Frauen im öffentlichen Leben nicht einfach war und sein würde, wusste Hedwig Dohm. Sie selbst galt als schüchtern und mied die Öffentlichkeit, an den Aktivitäten der Frauenbewegung nahm sie kaum teil – sie tat das, was sie konnte: Sie schrieb und war über Jahrzehnte »ein mutiger Angreifer auf dem Papier«…
Immer wieder setzte sich Hedwig Dohm auch mit den eigenen Geschlechtsgenossinnen auseinander und kritisierte zum Beispiel mit »spitzer Feder« die »unfehlbare deutsche Hausfrau«, die der emanzipierten Frau in den Rücken fällt. 70-jährig wandte sie sich den alten Frauen zu: Hedwig Dohm erlebte noch die ersten Monate der Weimarer Republik und die Einführung des Frauenstimmrechts, für das sie so lange gestritten hatte. Sie starb am 4. Juni 1919…


Quellen
Gekürzte Fassung aus: Dietlinde Peters, »…und keiner kriegt mich einfach krumm gebogen…«, herausgegeben vom Friedrichshain-Kreuzberg Museum, BERLIN STORY VERLAG 2014