Margarete Berent

Margerete Berent, gemeinfrei (GFDL)
(geb. am 09.06.1867 in Berlin, gest. am 23.06.1965 in New York), Anwältin

EINE DER ERSTEN ANWÄLTINNEN PREUSSENS

In der Weimarer Republik „eroberten“ die Frauen nach und nach die klassischen juristischen Berufe: 1922 wurde in München Dr. Maria Otto als erste Rechtsanwältin Deutschlands zugelassen. 1925 erhielt Dr. Margarete Berent als eine der ersten Rechtsanwältinnen in Preußen (oder sogar als erste? - die Angaben variieren) ihre Zulassung. Die Kanzlei der Juristin befand sich von 1927 bis 1933 am Halleschen Ufer 14 in Kreuzberg. Dort, Ecke Möckernstraße, war auch das Landgericht II der Stadt Berlin.

Am 09. Juni 1867 in Berlin geboren und in einem großbürgerlichen jüdischen Elternhaus aufgewachsen (der Vater Max Berent war Kaufmann, die Mutter Natalie, geborene Gabriel, Hausfrau), bestand Margarete Berent im Oktober 1906 das Lehrerinnenexamen und unterrichtete die folgenden vier Jahre an einer Mädchenschule. Am Königstädtischen Realgymnasium absolvierte sie 1910 das Abitur und studierte danach fünf Semester Jura an der Berliner Universität. Nach dem Wechsel an die Universität in Erlangen promovierte sie dort 1913 zum Thema „Die Zugewinn(st)gemeinschaft der Ehegatten“. Dann kehrte sie nach Berlin zurück – das erste oder gar das zweite Staatsexamen war für Margarete Berent als Frau keine Möglichkeit. Also arbeitete sie in Anwaltskanzleien von Verwandten, in der Rechtsauskunftsstelle der Stadt Charlottenburg und 1914 vertretungsweise als Leiterin der Adoptionsabteilung der späteren Deutschen Zentrale für Jugendfürsorge. Im Jahre 1914 gründete Margarete Berent mit anderen Juristinnen den Deutschen Juristinnen-Verein. Während des Ersten Weltkrieges arbeitete sie, wie so viele bürgerliche Frauen, anfangs in der freiwilligen Kriegsfürsorge, dann als juristische Mitarbeiterin bei der AEG und seit 1917 in der Verwaltung des Zweckverbandes Groß-Berlin.

Nach dem Ende des Kaiserreiches konnte Margarete Berent endlich die erste juristische Staatsprüfung absolvieren und ein Referendariat beginnen. Das Assessorexamen bestand sie am 9. Februar 1925.

Gleichzeitig arbeitete sie als Dozentin für Recht an der Sozialen Frauenschule von Alice Salomon und dort auch in einem Sonderlehrgang für Arbeiterinnen.
Am 7. März 1925 erhielt Margarete Berent „als dritte oder vierte Rechtsanwältin Preußens“ (oder als erste?) die Zulassung für die Berliner Landgerichte und das Amtsgericht Mitte. Sie wurde zur Spezialistin für Scheidungs- und Familienrecht.

Von 1928 bis 1933 war die Juristin im Vorstand des Jüdischen Frauenbundes und in der Repräsentanz der Berliner Jüdischen Gemeinde. Der Vorstand des Frauenbundes war erweitert worden, „weil der Bund stets wieder junge Kräfte in seinen Dienst stellen muss, um wirklich lebendig zu bleiben. Die Wahl fiel auf eine junge berufstätige Frau, die schon seit Jahren dem Bund mit Rat und Tat ihr Interesse bewiesen hat: Frau Rechtsanwältin Dr. Margarete Berent, Berlin“.

Seit etwa 1920 hatte sich Margarete Berent im Bund Deutscher Frauenvereine (BDF) engagiert. Von 1928 bis 1933 arbeitete sie im Ausschuss für Eheberatung und -güterrecht. Seit 1927 war sie für den Jüdischen Frauenbund im BDF-Vorstand. Im Mai 1933 gehörte die engagierte jüdische Frauenrechtlerin und Juristin zu den Unterzeichnerinnen der Austrittserklärung des Jüdischen Frauenbundes aus dem BDF. Im selben Monat erhielt sie auch das „Vertretungsverbot“, unterzeichnet von Roland Freisler. Im Juni 1933 wurde sie aus der Anwaltskammer Berlin ausgeschlossen. Sie arbeitete in den folgenden Jahren für jüdische Gemeinden, so von 1933 bis 1939 als Rechtsberaterin der Kölner Jüdischen Gemeinde und im Provinzialfürsorgeamt für die Rheinprovinz der Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden.

Spät, am 30. November 1939, konnte Margarete Berent emigrieren: Sie flüchtete über die Schweiz und Genua nach Chile und von dort im Sommer 1940 in die USA. Hier arbeitete sie anfangs als Stubenmädchen, dann in der Rechtsabteilung der Stadtverwaltung von New York. Sie absolviete ein juristisches Abendstudium und wurde 1949 – ein zweites Mal in ihrem Leben – als Anwältin zugelassen, ging aber zurück in die Stadtverwaltung.
Fast 20 Jahre nach ihrer Emigration, 1958, wurde ihre während des Kaiserreichs geschriebene Dissertation eine der Grundlagen für ein neues eheliches Güter- und Erbrecht in der Bundesrepublik Deutschland.

Margarete Berent ist am 23. Juni 1965 in New York gestorben. Seit dem 25. September 2003 erinnert eine Gedenktafel an ihrem früheren Wohnhaus in der Goltzstraße 34 in Berlin-Schöneberg an die Anwältin. Dort hatte auch ihr Bruder gewohnt. Er wurde mit seiner Familie in Ausschwitz ermordet.


Quellen
Gekürzte Fassung aus: Dietlinde Peters, »…und keiner kriegt mich einfach krumm gebogen…«, herausgegeben vom Friedrichshain-Kreuzberg Museum, BERLIN STORY VERLAG 2014