Hildegard Teichmann

Hildegard Teichmann, Foto: I.Mason
(geb. in und wo? - persönliche Daten liegen aus der Quelle leider nicht vor), Persönlichkeit ohne persönliche Daten, weil sie die erste Oberin von Schule und Kloster der Ursulinen in der Lindenstraße 39 in Kreuzberg war

SCHULE UND KLOSTER DER URSULINEN IN DER LINDENSTRASSE 39
Der bekannteste historische Ort in der Lindenstraße war sicherlich das sozialdemokratische Vorwärts-Gebäude. Aber länger gab es in dieser Straße ein katholisches Kloster.
Mitte des 19. Jahrhunderts kamen immer mehr Katholiken aus den östlichen Provinzen in das protestantische Berlin. Die 1851 gegründete katholische Höhere Töchterschule in der Jägerstraße wurde zu klein. So hat der Berliner Probst Pelldram im März 1854 den Breslauer Fürstenbischof, einige der Breslauer Ursulinen in das »Sündenbabel« Berlin zu schicken.

Vier Ordensschwestern machten sich auf die Reise, und am 1. Mai 1854 wurde die katholische Höhere Töchterschule an die Ursulinen übergeben. Bereits nach einem Jahr war die Zahl der Schülerinnen, auswärtigen Pensionärinnen und von den Nonnen ebenfalls betreuten Waisenmädchen so groß geworden, dass die katholische St. Hedwigsgemeinde ein Haus in der Lindenstraße 48, später 39, kaufte. Im Jahre 1857 bekamen die Nonnen die Vollmacht zur Konstituierung eines Klosters. Damit erhielt die Mark Brandenburg das erste »Monasterium gottgeweihter Jungfrauen nach der Reformation«.
Zur ersten Oberin wurde Hildegard Teichmann gewählt.

1860 konnte eine neu gebaute Kirche eingeweiht werden, die vierte katholische Kirche in Berlin.
»Pflege der Frau durch Gebet, geistige Arbeit und praktische Caritas« – das waren die Ideale und Ziele der Arbeit der Ursulinen. Wichtiger Bestandteil des Unterrichts der höheren Töchter war der Fremdsprachenunterricht.

Der Alltag in der Lindenstraße wird so geschildert:
»Die adligen jungen Klosterschülerinnen logierten dort mit ihren Kammerzofen, denen Mädchen aus der Waisenschule zur Hand gingen. Umgekehrt bedienten an bestimmten Tagen die reichen Pensionärinnen die armen Waisenmädchen und trugen auch zu deren Aussteuer bei. Die älteren Waisen lernten in der Haushaltsschule.«
1875, während des »Kulturkampfes«, wurde das Kloster mit der Schule und den übrigen Einrichtungen aufgelöst, auch die Unterschriften von 60.000 Berliner Katholikinnen und Katholiken konnten dies nicht verhindern. Die Nonnen verließen Kreuzberg, aber sie behielten das Haus in der Lindenstraße.
In den vorangegangenen 23 Jahren hatten sie in ihrer Töchterschule 1032, in der Elementarschule 885, im Lehrerinnenseminar 108 und im Pensionat 368 Schülerinnen und Seminaristinnen ausgebildet.
Dreizehn Jahre später, 1888, kehrten die Nonnen nach Kreuzberg zurück. 1896 wurde das Lehrerinnenseminar wiedereröffnet. Es gab bis zum Ersten Weltkrieg auch eine »Herrenetage« im Kloster, in der Abgeordnete und Mitarbeiter der katholischen Kirche als Pensionäre lebten.
Nach dem Ersten Weltkrieg, im Jahre 1919, kam Hedwig Dransfeld, eine der führenden Frauen der katholischen Frauenbewegung, nun Reichstagsabgeordnete für die katholische Zentrumspartei, und hielt einen Vortrag: »Über die Wichtigkeit der Mädchenerziehung in unserer Zeit«.
In der NS-Zeit wurde das Haus in der Lindenstraße verkauft: Der Kampf der Nationalsozialisten gegen die Bekenntnisschulen traf auch die Kreuzberger Ursulinen. Die Schule zog 1937 nach Berlin Dahlem. Der Unterricht musste teilweise eingestellt werden, und 1939 wurde die Schule geschlossen. Die Nonnen verließen nach und nach die Stadt.


Quellen
Gekürzte Fassung aus: Dietlinde Peters, »…und keiner kriegt mich einfach krumm gebogen…«, herausgegeben vom Friedrichshain-Kreuzberg Museum, BERLIN STORY VERLAG 2014